Gewaltschutz und Flucht:
Finanzierung von Beratung und Schutz für geflüchtete Frauen

1. Wer zahlt in welchen Fällen juristische Beratung und Prozesskostenhilfe?

Die Kosten für juristische Beratung müssen Geflüchtete – und damit auch von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffene geflüchtete Frauen – selbst bezahlen, solange die Verfahren noch beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) oder der Ausländerbehörde bearbeitet werden.

Hier kann zwar, wie in familienrechtlichen oder strafrechtlichen Verfahren auch, für das außergerichtliche Verfahren Beratungshilfe beantragt werden. Jedoch ist die sehr aufwendige anwaltliche Vertretung im Asylverfahren für eine einmalige Beratungshilfe in Höhe von ca. 100 € nicht angemessen leistbar.

Immer wieder bezuschussen auch Flüchtlingsunterstützungsorganisationen, wie zum Beispiel Pro Asyl, die Deutsche Aids Hilfe, Reporter ohne Grenzen u.a., die Vertretung von Geflüchteten. Auch kann bei Frauenorganisationen angefragt werden, ob sie im Einzelfall die Kosten der anwaltlichen Vertretung bezuschussen.

Wer übernimmt die Kosten, wenn gegen einen abgelehnten Asylantrag geklagt wird?

Wenn der Asylantrag vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ganz oder teilweise abgelehnt wird und dagegen Klage beim Verwaltungsgericht erhoben wird, kann für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe beantragt werden. Ob Prozesskostenhilfe bewilligt wird, hängt zum einen von der Bedürftigkeit der Person ab. Es muss also nachgewiesen werden, dass sie selber nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt. Zum anderen muss aber der Ausgang des Verfahrens zumindest offen sein. Der Staat zahlt keine*r Rechtsanwält*in für das Führen von vorneherein aussichtslosen Gerichtsprozessen.

Deshalb prüft das Verwaltungsgericht im Prozesskostenhilfeverfahren vorab, ob die Klage Erfolg haben kann. Hier ist die Entscheidungspraxis, ob Prozesskostenhilfe bewilligt wird, so unterschiedlich wie die Entscheidungspraxis in den Verfahren selbst unter den Gerichten unterschiedlich ist. Es kann also keinesfalls grundsätzlich gesagt werden, dass im Klageverfahren immer Prozesskostenhilfe bewilligt wird.

Da die Entscheidung, ob Prozesskostenhilfe bewilligt wird, oftmals erst sehr spät in dem gerichtlichen Verfahren getroffen wird, verlangen Rechtsanwält*innen in aller Regel einen Vorschuss und regelmäßige monatliche Ratenzahlungen auf die Gebühren, die dann - im Falle einer bewilligten Prozesskostenhilfe  - angerechnet werden müssen.

Im verwaltungsgerichtlichen Asylverfahren besteht kein Anwaltszwang. Das bedeutet, die betroffene Person muss nicht anwaltlich vertreten sein. Deshalb kann zum Beispiel eine Klage, die immer innerhalb einer Frist eingereicht werden muss, von der geflüchteten Person selbst per Fax oder direkt persönlich bei der Rechtsantragstelle des zuständigen Gerichts eingereicht werden. Dort sitzen Gerichtsangestellte, die den Antragstellenden helfen. Auch kann eine gute Klagebegründung von einem ‚pfiffigen‘ Kreis von Unterstützenden vorbereitet werden, so dass oftmals Rechtsanwält*innen auch erst zu einem späteren Zeitpunkt eingeschaltet werden können.

2. Ist es möglich für geflüchtete Frauen während des Asylverfahrens oder nach einer Ablehnung einen Beratungshilfeschein zu erhalten?

Ja, grundsätzlich kann eine von Gewalt betroffene Frau während des Asylverfahrens einen Beratungshilfeschein erhalten. Es wird sich jedoch schwer eine*n Rechtsanwält*in finden, welche die sehr umfangreiche gesamte Vertretung in einem Asylverfahren für die Gebühren in Höhe von 100 €, die sie mit einem Beratungshilfeschein abrechnen kann, übernehmen kann (siehe oben 1.).

Nach Abschluss des Verfahrens kann sich mit einem Beratungshilfeschein noch  über  die Aussichten einer möglichen Klage beraten werden lassen. Sobald das gerichtliche Verfahren eingeleitet ist, gibt es keine Beratungshilfe mehr, sondern ab dann setzt die Prozesskostenhilfe ein (siehe oben 1.).

3. Wie wird der Frauenhausaufenthalt für geflüchtete Frauen finanziert?

Übersicht über Finanzierungsmöglichkeiten von Frauenhausaufenthalten: Tabelle im Anhang.

4. Welche Möglichkeiten der Finanzierung von Dolmetscher*innen gibt es?

Über Fonds bzw. Förderprogramme des Bundeslandes oder der Kommune sowie über die Landesanteile der Finanzierung von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen bestehen Möglichkeiten der Finanzierung von Dolmetscher* innen durch öffentliche Fördermittel. So stellen einige Bundesländer beispielsweise Zugang zu Online-Sprachmittlung für Beratungseinrichtungen zur Verfügung.

Diese Regelungen stehen aber nicht in allen Bundesländern und nicht für alle Frauenhäuser und Fachberatungsstellen zur Verfügung. Die Qualität der Übersetzungen, die Zugänglichkeit zu den Mitteln oder zum Abrechnungsverfahren können regional und im Einzelfall sehr verschieden sein.

Für eine Erstberatung mit einer gewaltbetroffenen Frau oder zur Ermittlung ihrer Sprache kann das Bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ hinzugezogen werden. Siehe dazu das Informationsblatt des Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“: Mehrsprachige Beratung nach Anruf durch eine Unterstützungseinrichtung:

Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen

Weitere Informationen

Bisher gibt es keine bundeseinheitliche Regelung zur Finanzierung von Dolmetschleistungen. Dies führt in der Praxis zu einem eklatanten Mangel an professionellen Übersetzungen. Dadurch kommt es im Praxisalltag häufig vor, dass Kinder oder nicht-professionelle Unterstützungspersonen im sozialen Umfeld übersetzen.

Problematisch ist ebenfalls, dass an vielen Stellen kein professionelles Dolmetschen, sondern lediglich Sprachmittlungen durch öffentliche Fördermittel finanziert werden. Die für das sensible Thema Gewalt dringend notwendigen Standards bezüglich Fachlichkeit und professioneller Distanz können dadurch nicht unbedingt gewährleistet werden.

Darüber hinaus werden häufig schlechter bezahlte Mitarbeiter*innen mit entsprechenden Sprachkenntnissen zum Teil gesondert dafür eingestellt (etwa auf 400 € Basis) oder über ihre eigentliche Aufgabe bzw. Rolle hinausgehend für Übersetzungen eingesetzt. In Unterkünften für geflüchtete Menschen sind dies vielerorts Mitarbeiter*innen des Wachdienstes, was zur Rollendiffusion führt und gegen die gebotene Neutralität der übersetzenden Person verstößt.

Zudem stehen Übersetzungsdienste oftmals nur für die größten Sprachgruppen (z.B. Arabisch oder Russisch) zur Verfügung, während Übersetzungen in andere Sprachen schwer zu erhalten sind.

Fachberatungsstellen und Frauenhäuser fordern seit Langem von Bund, Ländern und Kommunen, dass in allen Bundesländern ausreichend finanzielle Mittel für Dolmetschleistungen zur Verfügung gestellt werden müssen.